Bewerbungen über die Chatfunktion von Ebay-Kleinanzeigen reichen aus, um als Bewerber im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu gelten. Das entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein. Die Vorinstanz hatte noch anders geurteilt.

Ein Unternehmen aus dem Kreis Steinburg hatte bei Ebay-Kleinanzeigen eine Stellenanzeige veröffentlicht, in der nach einer Sekretärin gesucht wurde. Ein Mann antwortete dem Unternehmen über die Chat-Funktion: Er suche derzeit eine neue Wohnung im Umkreis und habe Interesse an dem Angebot. Er habe Berufserfahrung im Büro und beherrsche die gängigen Officeprogramme. Daher bewerbe er sich auf die Stelle.

Das Unternehmen bedankte sich in seiner Antwort für die Kontaktaufnahme, stellte aber gleichzeitig klar: „Wir suchen eine Dame als Sekretärin.“ Daraufhin klagte der Mann auf eine Entschädigung in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern. Das Arbeitsgericht (ArbG) Elmshorn hatte dem Kläger keinen Bewerberstatus eingeräumt und damit auch seine Forderung nach Entschädigung zurückgewiesen.

Das LAG entschied nun anders: Es hielt den für die Geltendmachung von Entschädigung nach dem AGG erforderlichen Bewerberstatus für gegeben. Wer eine Stellenanzeige in Ebay-Kleinanzeigen veröffentliche, müsse damit rechnen, dass sich Bewerber über die Chatfunktion des Portals bewerben – und nicht auf klassische Weise schriftlich unter Beifügung von Bewerbungsunterlagen. Ein inhaltliches Mindestmaß an Angaben zur Person des Bewerbers werde gesetzlich nicht gefordert. Angesichts des Anzeigentextes und der Antwort des Arbeitgebers im Chat sei klar gewesen, dass der Kläger aufgrund seines Geschlechts benachteiligt worden ist.

Das Gericht konnte auch nicht erkennen, dass die Bewerbung des Klägers rechtsmissbräuchlich erfolgte. An eine solche Annahme würden hohe Anforderungen gestellt, die das beklagte Unternehmen nicht erfüllt habe. Die Höhe der geforderten Entschädigung von 7.800 Euro, was drei Gehältern von jeweils 2.600 Euro entspreche, sei des Weiteren nicht überzogen. Im Hamburger Umland sei unter Beachtung der laufenden Stellenangebote für eine Sekretärin in Vollzeit ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 2.700 Euro zu zahlen.

(Noch nicht rechtskräftiges) Urteil des LAG Schleswig-Holstein vom 21.06.2022 (Az.: 2 Sa 21/22). Revision wurde nicht zugelassen.

Vorinstanz: Urteil des ArbG Elmshorn vom 16.12.2021 (Az.: 4 Ca 592 a/21)

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