Arbeitgeber dürfen Mitarbeitenden, die aus einem Corona-Risikogebiet zurückkehren und sich negativ gegen das Virus getestet haben, den Zugang zum Betriebsgelände nicht verbieten. Stattdessen ist der Arbeitgeber weiterhin verpflichtet, den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin zu beschäftigen und einen Lohn zu zahlen. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) kürzlich klargestellt. Ausnahmen ergeben sich nur aus entsprechenden Gesetzen oder Verordnungen, die klar eine Quarantänepflicht (ohne Gehaltszahlung) vorschreiben.
Rückkehr aus Corona-Risikogebiet
Im besagten Fall war dies nicht gegeben. Einem Mitarbeiter, der im August 2020 von einer Türkei-Reise zurückkehrte, wurde von seinem Arbeitgeber der Zutritt zum Betrieb und eine Vergütung für 14 Tage nach der Ankunft in Deutschland verweigert. Die Türkei war damals vom Robert Koch-Institut (RKI) als Corona-Risikogebiet ausgewiesen. Die SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung des Landes Berlin vom 16. Juni 2020 sah nach Einreise aus einem Risikogebiet grundsätzlich eine Quarantänepflicht für einen Zeitraum von 14 Tagen vor. Diese sollte jedoch nicht für Personen gelten, die einen aktuellen negativen PCR-Test vorlegen und die – ärztlich bescheinigt – keine Symptome einer Corona-Erkrankung aufweisen. Beides traf auf besagten Mitarbeiter zu.
Das kümmerte den Arbeitgeber allerdings wenig. Er berief sich auf sein betriebliches Hygienekonzept, das für Arbeitnehmende, die aus einem vom RKI ausgewiesenen Risikogebiet zurückkehren, eine 14-tägige Quarantäne mit Betretungsverbot des Betriebs ohne Entgeltanspruch anordnet. Der Mitarbeiter klagte und sagte, der Arbeitgeber habe zu Unrecht die von ihm angebotene Arbeitsleistung verweigert.
Vergütungsklage erfolgreich
Das BAG gab – ebenso wie die Vorinstanz – dem Arbeitnehmer Recht. Das Gericht argumentierte: Das vom Arbeitgeber erteilte Betretungsverbot des Betriebs führte nicht zur Leistungsunfähigkeit des Mitarbeiters. Vielmehr sei der Arbeitgeber selbst dafür verantwortlich, dass der Arbeitnehmer seine Tätigkeit nicht verrichten konnte, weil er sein Verbot ausgesprochen hatte. Die Weisung, dem Betrieb für die Dauer von 14 Tagen ohne Fortzahlung des Arbeitsentgelts fernzubleiben, sei unbillig und unwirksam gewesen. Der Arbeitgeber habe dem Mitarbeiter zudem keine Möglichkeit eröffnet, durch einen weiteren PCR-Test eine Infektion weitgehend auszuschließen. Hierdurch hätte er den nach Paragraf 618 Absatz 1 BGB erforderlichen und angemessenen Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer erreichen und einen ordnungsgemäßen Betriebsablauf sicherstellen können.
Quarantäne-Anordnung nicht vom Direktionsrecht gedeckt
Wie aus dem BAG-Urteil hervorgeht, ist eine Quarantäne-Anordnung beziehungsweise ein betriebliches Betretungsverbot nicht vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt, sofern keine Quarantäne-Pflicht auf gesetzlicher oder verordnungsrechtlicher Grundlage besteht. Kurz: Es übersteigt die Befugnis eines Arbeitgebers, einseitig eine Quarantäne anzuordnen. Insofern besteht zum Beispiel ein Unterschied zur Anordnung eines Arbeitgebers, aus Infektionsschutzgründen am Arbeitsplatz eine Maske zu tragen.
Sven Lohse, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Noerr in Düsseldorf, erläutert: „Sieht das Hygienekonzept eines Unternehmens zum Schutz sämtlicher Mitarbeiter eine strengere als die gesetzliche Quarantänepflicht vor, verliert der Mitarbeiter bei einem Betretungsverbot des Betriebs nicht seinen Anspruch auf Vergütung. Wirksam könnte möglicherweise ein solches Betretungsverbot und ein damit verbundener Verlust des Vergütungsanspruchs nur sein, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat zuvor in einer Betriebsvereinbarung darauf verständigt haben.“
Quelle: Personalwirtschaft.de