Männer und Frauen, die den gleichen Job im gleichen Unternehmen machen, müssen grundsätzlich auch gleich bezahlt werden. Das Verhandlungsgeschick darf nicht der Grund für ein ungleiches Gehalt sein. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in dieser Woche entschieden.
Die Richter und Richterinnen in Erfurt hatten über einen Fall aus Sachsen zu entscheiden. In einem Metallunternehmen hatte eine Mitarbeiterin festgestellt, dass zwei männliche Kollegen mehrere hundert Euro mehr verdienten als sie – obwohl sie die gleiche Arbeit hatten. Der Arbeitgeber rechtfertigte den Unterschied dabei in einem Fall mit der längeren Betriebszugehörigkeit des Mitarbeiters, im anderen mit dem besseren Verhandlungsgeschick. Während die Vorinstanzen in Sachsen noch dem Arbeitgeber Recht gaben, entschied das BAG im Sinne der Klägerin. Der 44-Jährigen stehen nun 14.500 Euro Lohnnachzahlung sowie eine Entschädigung von 2.000 Euro zu.
„Dieses Urteil ist ein Meilenstein“
Unterstützt wurde die Klage von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), die sich über die BAG-Entscheidung freuen. „Dieses Urteil ist ein Meilenstein auf dem Weg zur gleichen Bezahlung von Frauen und Männern. Gleiche Bezahlung kann nicht wegverhandelt werden – diese Klarstellung war überfällig“, lässt sich Sarah Lincoln, Prozessbevollmächtigte und Verfahrenskoordinatorin (GFF) zitieren. In der Pressemitteilung kommt auch die Klägerin Susanne Dumas zu Wort. „Seit 1949 steht es im Grundgesetz, heute ist es endlich in der Arbeitswelt angekommen: Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Ich widme diesen Erfolg meinen beiden Töchtern und stellvertretend allen Frauen in Deutschland. Seid mutig, seid laut und lasst euch niemals die Butter vom Brot nehmen!“, wird sie zitiert.
Das Urteil wurde allerdings stellenweise auch kritisch aufgenommen. „Meines Erachtens ist Verhandlungsgeschick beziehungsweise Verhandlungsfähigkeit keine typisch männliche Eigenschaft oder geschlechtsbezogen. Frauen können auch sehr gut verhandeln“, schreibt etwa der Arbeitsrechtler Alexander Insam von GSK Stockmann auf Linkedin. Er sehe das Urteil „daher nicht als Equal Pay Urteil sondern als Equal Behaviour Urteil“.
Nur einen Tag vor dem BAG-Urteil hatten sich das Europäische Parlament und die EU-Mitgliedstaaten auf Änderungen an einer von der EU-Kommission vorgeschlagenen Entgelttransparenzrichtlinie geeinigt. Mit der Richtlinie, die voraussichtlich noch im ersten Quartal dieses Jahres beschlossen wird und dann bis 2026 in nationales Recht und bis 2027 in den Unternehmen umgesetzt werden muss, soll es insbesondere für Frauen und marginalisierte Gruppen leichter werden, durch eine höhere Transparenz des Gehaltsgefüges im Unternehmen eine Ungleichbehandlung nachzuweisen. Einige Vorgaben sind in Deutschland durch das Entgelttransparenzgesetz aber schon umgesetzt.
Quelle: Personalwirtschaft.de