Wie können Unternehmen gezielt und erfolgreich hoch qualifizierte Frauen ansprechen und für das Unternehmen gewinnen? Ein Lösungsansatz liegt in der Anpassung von Rekrutierungsstrategien. Studien zeigen, dass eine zielgruppengerechte Formulierung von Stellenanzeigen Frauen gezielter erreichen kann.

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz stellt die betroffenen Unternehmen vor die Herausforderung, einenkreativen Weg zu finden, qualifizierte weibliche Fachkräfte anzusprechen, ohne gegen die Richtlinien des AGG zu verstoßen. Dies erfordert eine sachliche und keine sprachliche Merkmalsneutralität.

Gender Codes nutzen

Die Lösung liegt in der Nutzung von Schlüsselbegriffen, sogenannten „Gender Codes“, denn Frauen und Männer lesen Stellenanzeigen unterschiedlich, wie eine Eye- Tracking-Studie (Jobware 2012) verdeutlicht. Gemäß der Untersuchung führten gewisse Stellenbezeichnungen (z. B. „Senior- Manager“) oder Anforderungen (z. B. „Kommunikationsfähigkeit“) dazu, dass Stellenanzeigen als eher weiblich oder eher männlich empfunden wurden. Männliche Studienteilnehmer ließen sich in ihrem Bewerberverhalten nicht von der Formulierung der Anzeige beeinflussen, Studienteilnehmerinnen hingegen bewarben sich eher auf „weibliche“ oder „neutral“ formulierte Anzeigen. Gender Codes werden geschlechterspezifisch unterschiedlich aufgefasst. Diese Beobachtung untermauern ebenfalls Studien aus Kanada und den Niederlanden (siehe Tabelle 1). Diese belegen, dass Gender Codes einen nachhaltigen Einfluss auf das Bewerberverhalten haben (Born und Taris 2010; Gaucher et al. 2011).

Geschlechtsspezifische Stellenanzeigen für Trainees

Bestärkt wird diese Beobachtung durch eine aktuelle Untersuchung zur Wirkung von Gender Codes an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin. Hier wurde untersucht, wie Studierende und Absolventen, welche auf Stellensuche waren, auf unterschiedliche Formulierungen reagierten. Grundlage der Befragung mittels eines Online-Fragebogens war eine reelle Stellenanzeige für die Position eines Trainees. Positionen wie diese gelten im Allgemeinen als Einstieg in Führungspositionen, vor allem in der Privatwirtschaft, und sind dadurch von Relevanz für die Untersuchung. Da junge Führungskräfte oftmals zwischen 35 bis 44 Jahre alt sind und die Anzahl potenzieller Bewerber besonders in dieser Altersklasse rückläufig ist, könnte die Verwendung von Gender Codes in Stellenanzeigen für Trainees ein potenzieller neuer Trend der Bewerberansprache sein.

In der Berliner Untersuchung wurde die Originalstellenanzeige gekürzt und mit weiblichen (etwa „zielstrebig“) beziehungsweise männlichen (etwa „wettbewerbsfreudig“) Formulierungen versehen. Während sie bei der femininen Anzeige in Form von Eigenschaften (etwa „[…] jemand, der angemessene Kommunikationsfähigkeiten besitzt“) präsentiert wurden, geschah dies bei der maskulinen in Form von Verhaltensweisen (etwa „[…] jemand, der angemessen kommunizieren und die Interessen des Unternehmens repräsentieren kann …“). Damit ist ein feminines und ein maskulines Profil entstanden, welches von männlichen und weiblichen Stellensuchenden anhand folgender Kriterien bewertet wurde:

  1. die Neigung, sich auf die ausgeschriebene Stelle zu bewerben,
  2. die Attraktivität der ausgeschriebenen Stelle,
  3. die Bewertung des eigenen Qualifikationslevels im Vergleich zu dem für die Stelle notwendigen Profil.

Zentrale Ergebnisse

Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass sich weibliche von männlichen Befragten hinsichtlich der Bewertung des Anforderungsprofils unterschieden. Während die Mehrzahl der Männer ihre eigenen Fähigkeiten mit Blick auf die Anforderungsprofile als angemessen empfand, sahen die meisten Frauen eher eine Übereinstimmung mit den feminin formulierten Fähigkeiten. Ein Grund könnte darin liegen, dass Frauen sich intensiver mit Anforderungsprofilen beschäftigen, als es Männer tun. Während männliche Bewerber die Anforderungen an einen idealen Kandidaten oftmals nur flüchtig lesen und ihre eigenen Fähigkeiten tendenziell überschätzen, vergleicht eine Mehrzahl von Frauen diese Anforderungen mit dem eigenen Qualifikationsniveau kritisch und entscheidet sich somit zögerlicher für eine Bewerbung als die Männer (Jobware 2014). Frauen fühlen sich eher von Qualifikationsprofilen angesprochen, die als Eigenschaften dargestellt werden. Profile, die als Verhaltensweisen formuliert werden, verneinen weibliche Bewerber eher (siehe Tabelle 2).

Handlungsempfehlungen

Von diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen können Unternehmen lernen und gezielt Gender Codes nutzen, um Frauen für Führungspositionen anzusprechen. Konkret und für die praktische Umsetzung im personalwirtschaftlichen Alltag bedeutet dies, dass Qualifikationsprofile eher feminin formuliert werden sollten, also in Form von Eigenschaften. Im Ergebnis könnte so die Anzahl an Bewerberinnen erhöht werden, ohne männliche Bewerber zu diskriminieren und ohne gegen das AGG zu verstoßen.

Ob auf der Unternehmens-Website oder bei der Ausformulierung von Stellenanzeigen und Informationsmaterialien, das Wissen um den Einfluss von Gender Codes kann Unternehmen helfen, ihr Bewerbungsmanagement zu optimieren und zu einem ausgeglicheneren Geschlechterverhältnis im Unternehmen beizutragen. Davon profitieren nicht nur die Frauen selbst, sondern alle Beteiligten. Durch ein ausbalanciertes Verhältnis werden beide Geschlechter Teil von Gestaltungsprozessen und ihre Potenziale und Qualitäten optimal entfaltet und genutzt.

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