Unternehmen greifen bei Azubistellen trotz Besetzungsproblemen wenig auf Hauptschüler und -schülerinnen zurück. Nur bei Engpassberufen werden sie offener.

Seit Jahren klagen Unternehmen in Deutschland über unbesetzten Ausbildungsplätze. Gleichzeitig finden etliche Jugendliche keinen Ausbildungsplatz. Besonders solche, die einen Hauptschulabschluss haben. Eine Studie der Jobplattform Indeed zeigt, dass junge Menschen mit Hauptschulabschluss im Vergleich zu jenen mit Mittlerer Reife oder (Fach-)Abitur weniger Chancen auf eine Ausbildungsstelle haben und dass die mangelnde Zugänglichkeit dieser Zielgruppe zum Ausbildungsmarkt zur Problematik beiträgt. Für die Studie wurden auf Indeed Deutschland 1,6 Millionen Stellenanzeigen für Ausbildungsplätze zwischen Oktober 2018 und Mitte März 2023 analysiert.

Meiste Inserate richten sich an Realschüler

Die Ergebnisse im Detail: Mit einem Anteil von rund 41,3 Prozent richten sich die meisten Ausbildungsstellen im aktuellen Bewerbungsjahr an junge Menschen mit Realschulabschluss. An zweiter Stelle mit rund 25 Prozent stehen Angebote für Absolventen und Absolventinnen mit (Fach-)Abitur. Hauptschüler und Hauptschülerinnen werden mit rund 24 noch etwas weniger erwähnt und haben damit die geringsten Chancen auf einen Ausbildungsplatz. Der Anteil ist seit 2018/2019 trotz verstärktem Fachkräftemangel nur um zweieinhalb Prozent gestiegen. Von den insgesamt 24 Prozent richten sich gut 14 Prozent ausschließlich an Kandidaten und Kandidatinnen mit Hauptschulabschluss.

Überraschend viele Arbeitgeber nennen in den Azubi-Stellenanzeigen keinen konkreten Schulabschluss (34 Prozent). Vermutlich möchten sie so möglichst viele Talente ansprechen. Stellenanzeigen ohne Information zum gewünschten Schulabschluss finden sich vor allem bei Berufen mit Azubi-Mangel, insbesondere bei der Fachkraft für Kurier-, Express- und Postdienstleistungen (93 Prozent), Sport- und Fitnesskaufleuten (89 Prozent) und Augenoptikern (77 Prozent). Den gewünschten Schulabschluss nicht zu nennen, birgt allerdings laut den Studienverfasserinnen und -verfassern eine Gefahr: Gerade für Jugendliche mit niedrigem Bildungsabschluss sei dadurch oft nicht klar, ob sie willkommen seien.

Ist der Ausschluss angebracht?

Auch wenn Unternehmen langsam umdenken und immer mehr Ausbildungsberufe auch für Hauptschüler und -schülerinnen öffnen, könne von einer echten Chancengleichheit für alle Schulabschlüsse keine Rede sein, kommentiert Dr. Annina Hering, Ökonomin im Indeed Hiring Lab, die Studienergebnisse. Zwar bräuchten angehende Azubis eine gewisse Ausbildungsreife, um der gestiegenen Komplexität vieler Berufe Rechnung zu tragen, doch wegen der demografischen Entwicklung sollten Unternehmen offener für die unterschiedlichen Bewerbergruppen sein und in Zeiten des akuten Azubi- und Fachkräftemangels den Hauptschulabschluss nicht als alleiniges Ausschlusskriterium betrachten.

Quelle: Personalwirtschaft.de

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