Ein Großteil der Bewerbenden sucht nicht einen neuen Job, um überhaupt eine Anstellung zu haben, sondern um bessere Arbeitsbedingungen und einen passenderen Arbeitgeber zu finden. Das zeigt eine aktuelle Umfrage vom Bewerbermanagement-Toll-Entwickler Softgarden unter mehr als 2.000 Teilnehmenden, die sich im Mai und Juni 2022 bei einem neuen Unternehmen beworben haben. Die Suche geschieht größtenteils, während sie noch für einen anderen Arbeitgeber tätig sind.
Von den Befragten bewarben sich 57 Prozent aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis heraus. Bei den Bewerbenden ohne Abitur und akademischen Abschluss sowie bei Jüngeren mit bis zu fünf Jahren Berufserfahrung lag dieser Anteil bei etwa 80 Prozent und damit deutlich höher. Einige riskieren aber auch die Kündigung ohne neue Stelle, mit der Hoffnung schnellstmöglich auf eine bessere Position zu gelangen. Zwölf Prozent der Befragten kündigte, ohne bereits eine konkrete Stelle in Aussicht gehabt zu haben, was für ein recht hohes Selbstbewusstsein und Zuversicht spricht, bald auf dem Jobmarkt fündig zu werden. Bei Bewerbenden ohne Abitur und akademischen Abschluss liegt der Anteil mit 15,7 noch höher. Lediglich 7,2 Prozent haben sich beworben, weil ihnen gekündigt wurde. Ein Viertel (23,9 Prozent) der Befragten gab sonstige Gründe für ihre Bewerbung an.
Die wichtigsten Bewerbungsmotive
Welche Arbeitsbedingungen suchen die Talente aber bei ihrem neuen Arbeitgeber? Bei den Befragten, die zum Zeitpunkt ihrer Bewerbung noch eine Arbeitsstelle hatten, erhofften sich mit 62,6 Prozent die meisten ein besseres Gehalt im nächsten Unternehmen gezahlt zu bekommen. Der Wunsch nach mehr Geld ist bei Wechselwilligen mit maximal Haupt- oder Realschulabschluss noch stärker ausgeprägt, ebenso bei jenen mit wenig Berufserfahrung.
An zweiter Stelle der Wechselmotive stehen fehlende Karriereaussichten, die für gut die Hälfte (52,7 Prozent) eine Rolle spielen. Auch hier liegen die Niedrigerqualifizierten vorn. Der dritthäufigste Grund für den Arbeitgeberwechsel ist die Unzufriedenheit mit der eigenen Führungskraft; fast vier von zehn Befragten (38,4 Prozent) geben dies an. Bewerbende mit mehr als zehn Jahren Berufserfahrung nennen dieses Motiv häufiger als Befragte, die erst bis zu fünf Jahre berufstätig sind.
Neben diesen drei Hauptgründen führen die Befragten weitere Faktoren für eine Neubewerbung an. Gut ein Drittel (35,8 Prozent) kann sich mit dem Unternehmenszweck nicht mehr identifizieren, wobei Akademiker diesen Aspekt seltener angeben als andere Befragte. Rund ein Viertel (26,3 Prozent) möchte einen Job mit mehr Urlaubstagen – ein Wunsch, der vor allem für jüngere Bewerbende relevant ist. Circa ein Fünftel der Jobsuchenden (20,7 Prozent) ist mit der Homeoffice-Regelung im bisherigen Unternehmen unzufrieden und ebenso viele sehen keinen Sinn mehr in ihrer Tätigkeit.
Weitere 17,9 Prozent waren eigentlich zufrieden und wollten gar nicht wechseln, erhielten aber ein Stellenangebot aus dem Freundeskreis oder von einem Headhunter und gingen darauf ein. Außerdem gaben 15,4 Prozent an, dass sie mit dem Corona-Management in ihrem Unternehmen unzufrieden waren und deshalb auf der Suche nach einem neuen Arbeitgeber waren.
Unzufriedenheit mit Vorgesetzten Hauptgrund für Kündigung ohne neue Stelle
Für die Befragten, die kündigten, ohne einen anderen Job in der Tasche zu haben, stand Unzufriedenheit mit der Führungskraft an erster Stelle. Die Hälfte (50 Prozent) der Bewerbenden nannte diesen Grund. 47,5 Prozent wünschten sich eine bessere Vergütung und 45,1 Prozent bewarben sich wegen mangelnder Karriereaussichten. Ebenfalls ein nicht unerhebliches Motiv für rund vier von zehn Befragten (39,6 Prozent), ohne Jobzusage zu kündigen, war die fehlende Identifizierung mit dem Unternehmenszweck beim bisherigen Arbeitgeber.
Bei sieben von zehn Befragten (70,8 Prozent) dauerte der Zeitraum von den ersten Zweifeln bis zur Kündigung oder Neubewerbung höchstens einige Monate. Jeder Fünfte (22,4 Prozent) entschieden sich bereits innerhalb eines Monats. Akademiker und Akademikerinnen sowie Berufserfahrene ließen sich etwas mehr Zeit mit ihrer Entscheidung als Menschen mit einer anderen Ausbildung.
Mit Wertschätzung und Kommunikation Kündigungen vermeiden
Hätten die bisherigen Arbeitgeber verhindern können, dass Beschäftigte ihnen den Rücken kehren? Hier sind die Befragten in ihrer Meinung gespalten: Jeweils etwa die Hälfte verneinte (52,1 Prozent) oder bejahte (47,9 Prozent) diese Frage. Wenn die Unternehmen etwas hätten tun können, um den Fortgang zu vermeiden, dann nach Aussagen der Befragten vor allem durch mehr Wertschätzung und Kommunikation. Das Gehalt als Bindungsfaktor steht erst an zweiter Stelle.
„Die Bewerbung ist aktuell in fast allen Fällen eine freiwillige Entscheidung, um die eigene Position zu verbessern. Arbeitgeber sollten glaubwürdig und mithilfe von konkreten Informationen wie zum Gehalt zeigen, dass sie tatsächlich bessere Jobs bieten”, kommentiert Mathias Heese, Geschäftsführer von Softgarden, die Studienergebnisse.
Handlungsempfehlungen für Unternehmen
Die Studie gibt in Anlehnung an die Befragungserkenntnisse weitere Tipps, wie Arbeitgeber der Abwanderung von Personal entgegenzuwirken können:
- Integrieren aller wesentlichen Informationen in die Stellenanzeigen, auch Angaben zum Gehalt.
- Berücksichtigen, dass auch der nichtakademische Arbeitsmarkt offen für die direkte Kandidatenansprache und Active-Sourcing-Maßnahmen ist.
- Integrieren von Empfehlungsprogrammen in den Recruiting-Mix.
- Reagieren auf die veränderten Arbeitsmärkte und entsprechend investieren in Recruiting und Mitarbeiterbindung.
- Erarbeiten von aktiven Retention-Programmen, unter anderem durch regelmäßige Mitarbeiter-Feedbacks.
- Entwickeln und unkompliziertes Anbieten von Stay- und Exit-Interviews, um Ursachenforschung zu betreiben.
Das Whitepaper zur Studie „Gründe für Jobwechsel 2022“ kann zum Download angefordert werden.
Quelle: Personalwirtschaft.de