Wettbewerbsverbot vs. Berufsfreiheit
Das Wettbewerbsverbot wird aus der allgemeinen Treuepflicht beziehungsweise Interessenwahrungspflicht abgeleitet und gilt für alle Arbeitnehmer, auch wenn dazu im Arbeitsvertrag nichts geregelt ist. Arbeitgeber sollen vor Wettbewerb aus den eigenen Reihen geschützt werden. Umgekehrt müssen sie jedoch zugunsten der Mitarbeiter das Grundrecht auf Berufsfreiheit beachten. Einem Mitarbeiter kann nicht jede Nebentätigkeit untersagt werden. Das würde seine Berufsfreiheit unangemessen einschränken. Mitarbeiter müssen die Möglichkeit haben, eine Nebentätigkeit oder sogar einen zweiten Beruf auszuüben. Nur dürfen sie dabei nicht in Konkurrenz zu ihrem Arbeitgeber treten.
Aber: Auch im strengsten Sinne kann eine Wettbewerbstätigkeit in Ausnahmefällen zulässig sein. Dann nämlich, wenn ein Arbeitnehmer zur Sicherung seines Lebensunterhaltes auf die andere Tätigkeit angewiesen ist und er dabei nur eine derart untergeordnete Rolle ausübt, dass die Belange des Arbeitgebers nicht wirklich berührt werden können. Beispiel: Eine Mitarbeiterin, die in Teilzeit als Sortiererin im Briefzentrum der Deutsche Post AG tätig ist, darf nebenberuflich als Zeitungszustellerin für ein Unternehmen tätig werden, das auch Briefsendungen zustellt.
Vorbereitungshandlungen für den Aufbau eines eigenen Geschäfts sind grundsätzlich zulässig. Die bloße Anmeldung des Konkurrenzunternehmens beim Handelsregister stellt noch keinen Wettbewerbsverstoß dar. Der Arbeitnehmer handelt lediglich vorbereitend für ein eigenes Geschäft. Gleiches gilt für die Registrierung einer Internet-Domain mit einer Bezeichnung, die für den Internet-Auftritt eines noch zu gründenden Konkurrenzunternehmens verwendet werden soll. Auch der Abschluss eines Franchisevertrages mit einem Konkurrenten soll zulässig sein, solange der Mitarbeiter noch nicht für den Franchisegeber tätig wird.
Jedoch muss der Mitarbeiter es bei der Vorbereitung belassen. Im Einzelfall kann die Grenze zum unzulässigen Wettbewerb schnell überschritten sein. Beispiel: Ein Arbeitnehmer verschickt unter Verwendung des Adressenbestandes des Arbeitgebers ein Abschiedsschreiben an die Kunden und weist auf seine neue Tätigkeit unter Angabe der neuen Kontaktdaten hin.
Zeitliche Geltung des Wettbewerbsverbotes
Auch während der Suspendierung eines Arbeitsverhältnisses gilt das Wettbewerbsverbot. Ebenso dürfen Mitarbeiter während der Elternzeit, unbezahltem Sonderurlaub oder der Passivphase der Altersteilzeit keine Konkurrenztätigkeit ausüben. Das Wettbewerbsverbot entfällt auch dann nicht, wenn der Arbeitnehmer von seiner Arbeitsleistung freigestellt wird, etwa nach einer Kündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist.
Praxistipp: Arbeitgeber sollten im Aufhebungsvertrag unbedingt ausdrücklich regeln, dass das Wettbewerbsverbot auch während der Freistellungsphase weiter gilt und ein anderweitiger Erwerb angerechnet wird.
Denn ansonsten kann es passieren, dass der Arbeitgeber während der Freistellung die Vergütung bezahlen muss, obwohl der Arbeitnehmer bereits ein neues Arbeitsverhältnis mit dem Wettbewerber begonnen hat. Erst kürzlich urteilte das Bundesarbeitsgericht zu Lasten eines Arbeitgebers (BAG, Urteil vom 17.10.2012 – Az. 10 AZR 809/11). Konkret ging es um folgendes: Der Arbeitgeber und der Mitarbeiter einigten sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und schlossen dazu einen Aufhebungsvertrag. Danach sollte der Arbeitnehmer bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Fortzahlung vertragsgemäßer Vergütung von der Arbeitsleistung freigestellt sein. Weitere Regelungen im Zusammenhang mit der Freistellung waren nicht getroffen. Der Mitarbeiter begann noch während der Freistellung ein neues Arbeitsverhältnis mit dem Wettbewerber, von dem er das volle vertraglich vereinbarte Gehalt erhielt. Der Arbeitgeber machte eine Verletzung des Wettbewerbsverbots geltend und verlangte die beim Wettbewerber bezogene Vergütung heraus. Hilfsweise sollte die beim Wettbewerber bezogene Vergütung auf die Vergütungsansprüche angerechnet werden. Er blieb mit seinen Anträgen in allen Instanzen erfolglos.
Zwar galt auch während der Freistellungsphase das Wettbewerbsverbot. Dagegen habe der Mitarbeiter auch verstoßen, indem er bereits für den Wettbewerber tätig wurde, und sich dadurch schadenersatzpflichtig gemacht. Aber: Der anderweitig erzielte Verdienst stelle für den Arbeitgeber keinen Schaden dar, so die Richter. Für den Arbeitgeber ist das Urteil wenig erfreulich. Denn letztlich durfte der Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist doppelt verdienen.
Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot: Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitgebers
Dem Arbeitgeber stehen bei einem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot verschiedene Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung:
- Er kann Schadensersatz verlangen, muss dazu jedoch einen Schaden darlegen.
- Er kann Unterlassung des wettbewerbswidrigen Verhaltens verlangen, und zwar auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.
- Er kann, je nach Schwere des Wettbewerbsverstoßes, das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen.
- Er hat ein Auskunftsanspruch im Hinblick auf die Wettbewerbstätigkeit (Wo? Was? Wie?).
Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Nach Ablauf der Kündigungsfrist endet das Wettbewerbsverbot. Dem Arbeitnehmer steht es dann frei, Wettbewerb zu betreiben. Ausnahme: Die Parteien haben ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart. Dies ist für eine maximale Dauer von 2 Jahren möglich. Allerdings muss der Arbeitgeber dem (ehemaligen) Mitarbeiter als Gegenleistung für die Enthaltung von Wettbewerb eine sogenannte Karenzentschädigung zahlen. Sie beträgt 50 Prozent der zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Vergütung.