Bundesarbeitsgericht: Urteil zur versicherungsvertraglichen Lösung – Folgen für die bAV-Praxis

bAV: BAG-Urteil zur versicherungsvertraglichen Lösung – die Folgen

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 19. Mai 2016 ein Urteil zur versicherungsvertraglichen Lösung gefällt und damit eine Jahrzehnte lange Praxis über den Haufen geworfen.

 

Was genau ist die versicherungsvertragliche bzw. versicherungsförmige Lösung?

Wird ein versicherungsförmiger Durchführungsweg (Direktversicherung und Pensionskasse) später als der Diensteintritt abgeschlossen, kann der ratierliche Anspruch auf die Versorgungsleistung bei vorzeitigem Ausscheiden der Arbeitnehmer größer sein als der im Ausscheidezeitpunkt finanzierte Zeitwert. Um aber den Arbeitgeber nicht übermäßig zu belasten, gibt es die versicherungsvertragliche Lösung, die an folgende Voraussetzungen geknüpft ist:

1. spätestens drei Monate nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers ist das Bezugsrecht unwiderruflich und eine Abtretung oder Beleihung des Rechts aus dem Versicherungsvertrag durch den Arbeitgeber und Beitragsrückstände sind nicht vorhanden,

2. vom Beginn der Versicherung, frühestens jedoch vom Beginn der Betriebszugehörigkeit an, sind nach dem Versicherungsvertrag die Überschussanteile nur zur Verbesserung der Versicherungsleistung zu verwenden

3. und der ausgeschiedene Arbeitnehmer hat nach dem Versicherungsvertrag das Recht zur Fortsetzung der Versicherung mit eigenen Beiträgen.

Der Arbeitgeber kann sein Verlangen nur innerhalb von drei Monaten seit dem Ausscheiden des Arbeitnehmers diesem und dem Versicherer mitteilen. Der ausgeschiedene Arbeitnehmer darf die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag in Höhe des durch Beitragszahlungen des Arbeitgebers gebildeten geschäftsplanmäßigen Deckungskapitals oder, soweit die Berechnung des Deckungskapitals nicht zum Geschäftsplan gehört, das nach § 169 Abs. 3 und 4 des Versicherungsvertragsgesetzes berechneten Wertes weder abtreten noch beleihen. In dieser Höhe darf der Rückkaufswert auf Grund einer Kündigung des Versicherungsvertrags nicht in Anspruch genommen werden; im Falle einer Kündigung wird die Versicherung in eine prämienfreie Versicherung umgewandelt. § 169 Abs. 1 des Versicherungsvertragsgesetzes findet insoweit keine Anwendung. Eine Abfindung des Anspruchs nach § 3 BetrAVG ist weiterhin möglich.

Ist nur eine der Voraussetzungen nicht erfüllt, kann die versicherungsvertragliche Lösung nicht angewendet werden. Damit es hier zu keiner Verletzung der Fristen kommt, wurde die versicherungsvertragliche Lösung häufig bereits mit der Erteilung der Versorgungszusage für den Fall des Ausscheidens des Arbeitnehmers vereinbart. Dieser Regelung hat das BAG nun einen Riegel vorgeschoben.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht hat nun entschieden, wann die Anwendung der versicherungsvertraglichen Lösung erklärt werden kann und wer diese Erklärung erhalten muss.

„Das Verlangen des Arbeitgebers nach der versicherungsförmigen Lösung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG kann bereits vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Arbeitnehmers wirksam erklärt werden. Erforderlich ist jedoch, dass zum Zeitpunkt des Zugangs der Erklärung beim Arbeitnehmer und bei der Versicherung bereits ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang mit einer konkret bevorstehenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht“, so der Leitsatz zum Urteil (Aktenzeichen 3 AZR 794/14) .

Die versicherungsvertragliche Lösung kann also nur im Zusammenhang mit dem konkreten Ausscheiden des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber verlangt werden. Sie muss gegenüber dem Arbeitnehmer und dem Versicherer innerhalb von drei Monaten nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers erklärt werden. Hierüber muss der Arbeitgeber einen Nachweis führen. Daher empfiehlt es sich, dies schriftlich und mit Bestätigung des Mitarbeiters über Kenntnisnahme der Anwendung der versicherungsvertraglichen Lösung zu machen. Diese ist dann in der Personalakte abzulegen.

Hinweis: Arbeitgeber, die ihre betriebliche Altersversorgung über eine Direktversicherung oder Pensionskasse durchführen, sollten die neuen Grundsätze beim Ausscheiden eines Arbeitnehmers mit einer unverfallbaren Anwartschaft zwingend berücksichtigen. Die bisherige Praxis führt nicht mehr zu Enthaftung.

Aktuelle Beiträge