Die Zahl der Arbeitsunfälle war 2020 deutlich geringer als im Vorjahr. 822.588 Unfälle im Job wurden insgesamt registriert – ein Rückgang von 12,3 Prozent zu 2019. Das geht aus dem jährlichen Bericht zur Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit der Bundesregierung hervor. Die Verfasser weisen allerdings darauf hin, dass die Zahlen aus 2020 nur eingeschränkt mit denen vor der Corona-Pandemie vergleichbar sind. Denn durch Kurzarbeit und die weitverbreitete Arbeit im Homeoffice sowie durch die Lockdowns im Laufe des Jahres waren Mitarbeitende auch weniger Gefahren ausgesetzt, die dem Arbeitskontext zuzuordnen sind.
Von den rund 823.000 Arbeitsunfällen 2020 waren 508 tödlich, ebenfalls deutlich weniger als im Vorjahr (626). Damit liegt die allgemeine Unfallquote, die sich aus den meldepflichtigen Arbeitsunfällen je 1.000 Vollbeschäftigten ergibt, für das Jahr 2020 bei 19,4 Prozent.
Weniger Wegeunfälle
Noch stärker sank im Jahresvergleich wenig überraschend Zahl der Wegeunfälle auf 154.817 gesunken, 34.010 weniger als 2019. Auch die Zahl der tödlichen Wegeunfälle verringerte sich um 242 Fälle (22,4 Prozent). Ein signifikanter Teil der Verringerung ist natürlich darauf zurückzuführen, das sich 2020 deutlich weniger Menschen aufgrund von Homeoffice und Kurzarbeit von Zuhause in den Betrieb oder ins Büro.
Allerdings stellt sich an dieser Stelle die Frage immer wieder, was ein Wegeunfall im Kontext von Homeoffice und Remote Work überhaupt ist. Die juristische Bewertung hier scheint noch nicht abgeschlossen: So entschied kürzlich das Bundessozialgericht, dass ein Sturz auf dem Weg vom Schlafzimmer ins Homeoffice durch die gesetzliche Unfallversicherung geschützt ist – was das Landessozialgericht in der Vorinstanz noch anders gesehen hatte, weil der Weg durch den häuslichen Flur oder der Gang durch die Wohnung zur Arbeitsecke lediglich als „unversicherte Vorbereitungshandlung“ auf die eigentliche Arbeit gesehen werden sollte. Auch zuvor hatte es immer wieder Gerichtsverhandlungen und Urteile zu ähnlichen Fragen gegeben – nur betreffen die entsprechenden Entscheidungen heute potenziell deutlich mehr Beschäftigte als vor dem Frühjahr 2020.
Die Verringerung der Arbeitsunfälle ist aber nicht nur durch die Corona verursacht. Wie bei vielen Entwicklungen dient die Pandemie als Verstärker eines Trends. Bereits von 2018 auf 2019 sind die Zahlen der Arbeitsunfälle gesunken – und zwar um knapp 12.000.
Auch die Zahlen zu Berufskrankheiten wurden laut den Autoren des Berichtes durch die Corona-Pandemie beeinflusst. So sind die sogenannten Anzeigen auf einen Verdacht einer Berufskrankheit um 30,9 Prozent gestiegen. Im Bericht heißt es dazu, dass Covid-19 für einige Arbeitnehmende als Berufskrankheit angesehen wurde. Das war der Fall, wenn der oder die Beschäftigte bei der beruflichen Tätigkeit einer Infektionsgefahr ausgesetzt war. Und so stieg neben der Zahl der Anzeigen auch die der anerkannten Berufskrankheiten. 2020 gab es davon laut Bericht knapp 40.000, fast doppelt so viele wie im Vorjahr. Auch die Zahl der Neuverrentungen wegen Berufskrankheiten ist gestiegen, insgesamt um knapp 400 auf 5.194 Fälle.
Zahl der Fehltage wegen psychischen Erkrankungen steigt weiter
Während die körperlichen Beschwerden abgenommen, scheinen sich die psychischen mehr verbreitet zu haben. Das wird laut dem Bericht der Bundesregierung vor allem sichtbar, wenn man sich die Ursachen der Arbeitsunfähigkeitstage anschaut. Durchschnittlich war 2020 jeder Arbeitnehmer oder jede Arbeitnehmerin 17 Tage krank. Daraus ergebe sich ein Ausfall an volkswirtschaftlichen Produktionsausfällen von 87 Milliarden Euro, was circa 2,5 Prozent des Bruttonationaleinkommens ausmacht. Von diesen 2,5 Prozent haben neben Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes (0,6 Prozent) vor allem auch Psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen einen Anteil daran (0,4 Prozent). Denn: Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes machten rund mit 23 Prozent aller Fehltage im Jahr 2022 die meisten Arbeitsunfähigkeitstage aus. Die zweithäufigste Ursache für Fehltage sind psychische Probleme (rund 17 Prozent), was die frühzeitigen Renteneintritt wegen Arbeitsunfähigkeit betrifft, so sind psychische und Verhaltensstörungen mit 41,5 Prozent sogar die häufigste Ursache.
Laut dem aktuellen Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse (TK) haben psychische Verhaltensstörungen sogar den größten Teil der Fehltage der bei der Krankenkasse Versicherten ausgemacht. Zwar waren auch Muskel-Skelett-Krankheiten die häufigste Ursache für eine Arbeitsunfähigkeit, allerdings fehlten Mitarbeitende länger auf der Arbeit, wenn sie unter einer psychischen Verhaltensstörung litten. Auch der TK-Bericht belegt, dass die Zahl der Arbeitnehmenden, die sich aufgrund von psychischen Problemen krank melden, seit den vergangenen Jahren kontinuierlich steigt.
Im Zuge der Pandemie wuchsen auch die psychischen Belastungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Neue Arbeitsformen, verschwimmende Grenzen von Arbeitszeit und privater Zeit, die Bewältigung von Homeoffice und Homeschooling, die Angst vor Ansteckung usw. erzeugten bei vielen Menschen psychischen Druck.
Quelle: Personalwirtschaft.de