Trotz hoher Jobwechselbereitschaft ist die Bereitschaft zum Umzug bei potenziellen Bewerbern gering. Was bedeutet das für rekrutierende Arbeitgeber?

Viele Arbeitnehmer suchen ihre nächste Stelle vor allem in der Nähe ihres Wohnortes, einen Umzug an einen weiter entfernten Ort würden nur wenige für einen neuen Job auf sich nehmen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage der Jobplattform Indeed. Unter den 55 Prozent, die prinzipiell umziehen würden, begrenzt ein signifikanter Teil die Umzugsbereitschaft auf 50 bis 100 Kilometer – eine Entfernung also, bei der das alte Umfeld für sie selbst und ihre Familie bestehen bleibt. Als häufigste Gründe dafür, nicht umziehen zu wollen, wurden in der Umfrage dann auch die größere Entfernung zu den Bezugspersonen (40 Prozent) und die Auswirkungen auf andere Mitglieder des Haushalts (27 Prozent) genannt. Mutmaßlich würden viele Befragte bei diesen Entfernungen auch gar nicht umziehen. Denn die Umfrage ergab auch, dass die meisten Menschen lieber längere Pendelzeiten in Kauf nehmen würden.

Das gilt umso mehr, wenn sie zumindest einen Teil ihrer Arbeit von zu Hause erledigen können. 63 Prozent der Befragten würden sich für einen Job in einer anderen Stadt bewerben, wenn die Möglichkeit für Remote Work gegeben ist.

Angebot für Homeoffice bleibt stabil

Einige kleine und große Unternehmen, wie beispielsweise die Deutsche Bank, haben nach dem Abklingen der Pandemie die Möglichkeit zur Arbeit im Homeoffice zuletzt eingeschränkt. In den Stellenanzeigen ist das allerdings noch nicht abzulesen. Laut einer exklusiven Erhebung von der Marktforscher von Index Anzeigendaten ist der Anteil der Gesuche mit der Nennung „Home Office“, „Homeoffice“, „Home-Office“ oder „Work from Home“ seit 2022 sogar leicht von 11,6 Prozent auf 12,7 Prozent gestiegen. Ob das an mehr Homeoffice-Möglichkeiten liegt oder an einem höheren Bedürfnis der Unternehmen, die Möglichkeit hervorzuheben, bleibt allerdings unklar.

Allerdings werden diese Stellen durchaus gesucht, wie Tim Verhoeven, der bei Indeed als Recruiting-Experte arbeitet, betont. „Die Möglichkeit zum Homeoffice ist für viele Arbeitssuchende ein entscheidendes Kriterium geworden“, führt er weiter aus. „Unternehmen sollten hybride Arbeitsmodelle in den Mittelpunkt ihrer Recruiting-Strategien stellen.“ Zudem können laut Verhoeven übereilte Back-to-Office-Aktionen der Arbeitgebermarke schädigen und zu Problemen bei der Talentakquise führen. „Unternehmen sollten gut überlegen, ob sie diese Flexibilisierung zurückdrehen“, schließt er ab.

Den Standort in der Candidate Journey thematisieren

Doch nicht nur Homeoffice kann eine Möglichkeit sein, Bewerberinnen und Bewerber von einem weniger beliebten Standort zu überzeugen. „Unternehmen sollten Standortvorteile, wie niedrigere Lebenshaltungskosten und Immobilienpreise, offensiv kommunizieren und greifbar machen“, findet Verhoeven. Der Recruiting-Experte schlägt beispielsweise vor, einen direkten Vergleich der Kosten am Standort mit den Kosten in der Heimatstadt des Bewerbers oder der Bewerberin vorzulegen. Das könne sehr wirkungsvoll sein. Das zeigt auch die aktuelle Umfrage, in der rund ein Drittel der Befragten geringere Kosten für Leben und Wohnen als mögliches Argument für einen Umzug gelten lassen.

Grundsätzlich sind es offenbar vor allem finanzielle Aspekte, die den Ausschlag für oder einen Jobwechsel in eine andere Stadt geben. So würden 67 Prozent der Befragten für ein höheres Gehalt umziehen. „Übergangslösungen wie Pendelzuschüsse in der Probezeit können Vorbehalte abbauen und neuen Mitarbeitenden die Möglichkeit geben, das Unternehmen und die Umgebung kennenzulernen“, bringt Verhoeven zudem ins Spiel. Dennoch sei es entscheidender, während der gesamten Candidate Journey relevante Informationen bereitzustellen, die dem Kandidaten und seinem Umfeld bei der Entscheidung helfen können.

Doch auch die beste Candidate Journey bringt nichts, wenn sich die entsprechenden Talente gar nicht erst auf die eigene Stellenanzeige bewerben. Deswegen sollten Pendelzuschüsse, Kostenbezuschussung oder -übernahme bei einem Umzug frühzeitig kommuniziert werden, damit sich potentielle Bewerberinnen und Bewerber nicht von etwaigen Nachteilen des Unternehmensstandort abschrecken lassen.

Info:
Für die Umfrage im Auftrag von Indeed hat das Meinungsforschungsinstitut Appinio vom 4. bis 6. Oktober 2024 insgesamt 1.000 Menschen befragt. Insgesamt wurden 500 Männer und Frauen befragt, die zwischen 19 und 64 Jahren alt waren. Der Altersdurchschnitt lag bei 42,1 Jahren. Die Umfrage konzentrierte sich ausschließlich auf die Umzugsbereitschaft innerhalb Deutschlands und die Gründe, die Teilnehmende dazu motivieren oder davon abhalten könnten. Umzüge ins Ausland waren ausgeschlossen.

Quelle: Personalwirtschaft.de

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