Arbeiten in aller Ruhe ist keine Option – zumindest nicht für Beamte in China. Dort wächst der Druck auf Staatsangestellte, die Vorgaben aus Peking schnell und effizient umzusetzen. Wer zu zaghaft agiert oder seine Aufgaben nicht energisch genug vorantreibt, erhält als „Belohnung“ eine Urkunde für seine vermeintlich langsame Arbeit: Beamte, die zu vorsichtig agieren, stehen im Verdacht, „Schnecken zu sein“ – langsam, zögerlich, ineffizient.
Rechtlich in Deutschland vermutlich unzulässig
Was die Zulässigkeit einer „Schneckenprämie“ in Deutschland angeht, hat Alexander Bissels, Arbeitsrechtler und Partner der Kanzlei CMS Deutschland, eine relativ klare Meinung: „Aus arbeitsrechtlicher Sicht kritisch sind insbesondere die Begleitumstände, die gegebenenfalls mit der Zahlung einer Prämie einhergehen, insbesondere wenn vor der Belegschaft offiziell verkündet wird, wer eine solche erhält, und wenn diese Belohnung ausdrücklich mit der Minderleistung verknüpft wird. Dies kann zwar vordergründig dazu dienen, die Leistungsbereitschaft und den -willen der betroffenen Mitarbeitenden zu steigern, hintergründig ist einem solchen Vorgehen jedoch ein diffamierender, bloßstellender und – je nach den Umständen des Einzelfalls – sogar ein beleidigender Charakter beizumessen. Gerade wenn die Leistung ausdrücklich, und zwar in einem herabwertenden Sinne, als Schneckenprämie angekündigt und bezeichnet wird.”
Darin könne ein Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Nebenpflichten des Arbeitgebers begründet sein. Diese würden den Arbeitgeber auch dazu verpflichten, den Mitarbeitenden nicht unangemessen herabzuwürdigen und dessen Ansehen innerhalb und außerhalb des Betriebs zu schädigen. Verstöße dagegen könnten Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche begründen.
Zudem könnten datenschutzrechtliche Aspekte eine Rolle spielen, erläutert der Arbeitsrechtler. Würden konkrete Leistungsdaten der betroffenen Mitarbeitenden veröffentlicht, handele es sich um personenbezogene Daten. Derartige „negative Rennlisten” seien aus datenschutzrechtlicher Sicht kaum erforderlich und dürften schon gar nicht von einer – freiwilligen – Einwilligung der betroffenen Arbeitnehmenden gedeckt sein. „Im Zweifel dürfte sich der Arbeitgeber damit (auch) aus datenschutzrechtlicher Sicht rechtswidrig verhalten”, so Bissels.
Bonus statt Brechstange
Anstatt negativer Anreize geht man in hierzulande – wie in anderen westlichen Ländern – lieber den entgegengesetzten Weg. So gibt es in vielen deutschen Unternehmen für herausragende Leistungen Prämien – und zwar nicht nur für Top-Manager, sondern für alle Mitarbeitenden. Der Chemieriese BASF etwa kombiniert tarifliche Gehälter mit einer Erfolgsbeteiligung, die sich am wirtschaftlichen Gesamterfolg orientiert. Wer zur Wertsteigerung beiträgt, profitiert finanziell.
Bonussysteme sind nicht alles
Ein interessanter Sonderfall zur Mitarbeitermotivation sind Anwesenheitsprämien, die offenbar vor allem von öffentlichen Verwaltungen und Institutionen goutiert werden: Die Kieler Verkehrsgesellschaft (KVG) belohnt Mitarbeitende, die wenig oder gar nicht krankheitsbedingt ausfallen. Bis zu 1.000 Euro Prämie gibt es jährlich für alle, die eine besonders niedrige Fehlzeitenquote aufweisen.
Einen ähnlichen Weg wie die KVG geht man bei der Hamburger Hochbahn: Wer ein halbes Jahr lang nicht fehlt, bekommt eine Anwesenheitsprämie von 615,62 Euro. Fehltage schlagen sich direkt in der Prämienhöhe nieder. Ähnlich handhaben es die Bad Homburger Stadtwerke: Dort gibt es eine Gesundheitsprämie von bis zu 900 Euro im Jahr. Wer keine krankheitsbedingten Fehltage hat, bekommt die volle Summe ausgezahlt.
Gewinnbeteiligung: Arbeiten fürs große Ganze
Besonders motivierend können Beteiligungsmodelle sein, bei denen die gesamte Belegschaft am Unternehmenserfolg teilhat. Insbesondere Start-ups bieten solche Modelle an. Laut Branchenverband Bitkom beteiligen aktuell 44 Prozent der deutschen Start-ups ihre Mitarbeitenden am Unternehmen, weitere 42 Prozent ziehen dies für die Zukunft in Betracht. Auch SAP hat ein Beteiligungsmodell. Anlässlich des 50. Geburtstags des Softwarekonzerns SAP erhielten die Mitarbeitenden Anfang 2022 einen 80-prozentigen Zuschuss auf Aktien des Unternehmens. Dafür stellte SAP 100 Millionen Euro zur Verfügung und weitete das bereits seit längerem bestehende Mitarbeiterbeteiligungsprogramm weiter aus.
Quelle: Personalwirtschaft.de