Mit dem neuen Rentenpaket der Bundesregierung stehen auch Änderungen bei Midijobs an. Beschäftigte mit einem geringen Einkommen sollen mehr Entlastungen erfahren. Dazu wird die bisherige Gleitzone ab 1. Juli 2019 angehoben.
Ende November 2018 hat der Bundesrat dem Rentenpaket der Bundesregierung zugestimmt. Das „Gesetz zur Verbesserung und Stabilisierung der gesetzlichen Rentenversicherung“ soll dafür sorgen, dass Menschen auch in Zukunft mit einer angemessenen Alterssicherung rechnen können. Neben einem stabilen Rentenniveau bis 2025 und einem bis dahin weitestgehend stabilen Beitragssatz (nicht über 20 Prozent) beinhaltet der Gesetzentwurf auch Maßnahmen, die Beschäftigte mit geringem Einkommen entlasten.
Anhebung der Gleitzone auf 1.300 Euro
Als Midijobs gelten versicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse, die eine Monatsvergütung über 450 Euro und bis 850 Euro je Monat vorsehen. Ausgenommen aus dieser Regelung sind unter anderem Auszubildende und zur Berufsausbildung beschäftigte Praktikanten. In der sogenannten Gleitzone fallen die Sozialversicherungsbeiträge auf Arbeitgeberseite – also die Arbeitgeberanteile – zwar wie üblich an, doch für Beschäftigte gilt der Arbeitnehmeranteil in reduzierter Form. Damit es zu einer stärkeren Entlastung kommt, weitet der Gesetzgeber zukünftig die Gleitzone bis zu einem Verdienst von 1.300 Euro aus. Die Regelung soll ab Anfang Juli 2019 in Kraft treten. Somit gilt für Beschäftigte mit einem Einkommen zwischen 450 Euro und 1.300 Euro eine reduzierte Abgabenlast. Bisher haben sie mit einem Verdienst über 850 Euro die üblichen Arbeitnehmeranteile für sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gezahlt. Das Rentenpaket will zudem sicherstellen, dass die geringeren Rentenversicherungsbeiträge nicht gleichzeitig geringere Rentenleistungen im Alter bedeuten.
Aus Gleitzone wird Übergangsbereich
Auch hinsichtlich Begrifflichkeit steht eine Neuerung an. Zukünftig spricht der Gesetzgeber nicht mehr von Gleitzone, sondern von einem Übergangsbereich. Der Übergangsbereich im Sinne dieses Gesetzbuches umfasst Arbeitsentgelte aus mehr als geringfügigen Beschäftigungen nach § 8 Absatz 1 Nr. 1 SGB IV, die regelmäßig 1.300 Euro im Monat nicht übersteigen, heißt es in dem Gesetzentwurf.
Mit Mindereinnahmen rechnen
Dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) zufolge wird die Reform Geringverdienende um durchschnittlich 17 Euro im Monat entlasten. Allerdings entstehen für die Sozialversicherung pro Jahr Beitragsausfälle in Höhe von rund 400 Millionen Euro. Dieses Defizit können auch die Mehreinnahmen von 100 Millionen Euro bei der Einkommenssteuer nicht auffangen. Das DIW prognostiziert Mindereinnahmen von rund 300 Millionen Euro.
Teilzeitbeschäftigte profitieren
Entlastung verspricht die Reform insbesondere für Teilzeitbeschäftigte. Frauen profitieren am meisten, Männer hingegen kaum. Der Grund: Männer arbeiten nur selten in Teilzeit. Das DIW geht davon aus, dass 80 Prozent der Entlastung auf in Teilzeit arbeitende Frauen entfällt. Die meisten von ihnen arbeiten 25 Stunden je Woche. „Knapp 100 Millionen Euro Entlastung gehen an Frauen mit Kindern unter 18 Jahren“, heißt es weiter.
Reform in der Kritik
Die Effekte für den Arbeitsmarkt sieht das DIW eher kritisch. Die Reform sei nicht zielgerichtet auf die Entlastung von Haushalten mit geringem Einkommen zugeschnitten, so die DIW-Autoren Stefan Bach, Hermann Buslei und Michelle Harnisch. Zwar sei eine Belastung im unteren und mittleren Einkommensbereich gegeben. Aber: Ein Drittel des Entlastungsvolumens entfalle auch auf die obere Hälfte der erwerbstätigen Bevölkerung. Der Grund: Für die Entlastung gebe es keine Bedürftigkeitsprüfung im Haushaltszusammenhang und es finde auch keine Zusammenveranlagung mit Partnern statt. Für einen Teil der Erwerbstätigen entstehe mit geringem Einkommen der Anreiz, eine Tätigkeit aufzunehmen oder auszuweiten. Doch es bestehe auch die Gefahr, dass die Reform Teilzeitarbeit fördere.