Arbeitgeber, die Mitarbeitern nach wiederholtem Fehlverhalten „letztmalig“ abmahnen, sollten dieser Ankündigung bei erneuten Verstößen im Zweifelsfall auch tatsächlich Taten folgen lassen. Andernfalls nämlich laufen sie Gefahr, einen möglichen Kündigungsprozess zu verlieren, sofern eine Trennung von dem Mitarbeiter später tatsächlich unvermeidlich ist. Das ergibt sich aus einem Urteil des Landesarbeitsgerichtes Rheinland-Pfalz. Zur Begründung schrieb das Gericht, eine wiederholte letztmalige Rüge der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten sei geeignet, die einer Abmahnung innewohnende Warnfunktion zu entwerten (LAG Rheinland-Pfalz, 23.04.2009 – 10 Sa 52/09).
Hintergrund ist der Fall eines Straßenreinigers, der bei einem kommunalen Entsorgungsbetrieb angestellt war. Der Mann, dessen Dienst regulär um 6 Uhr morgens beginnt, war seit 2003 häufiger zu spät zur Arbeit erschienen und hatte dafür im Laufe der Jahre insgesamt fünf Abmahnungen wegen verspäteter Krankmeldung bzw. Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sowie Unpünktlichkeit erhalten. Als er im August 2008 erneut über zwanzig Minuten zu spät zur Arbeit kam, wurde ihm unter Beteiligung des Personalrates die fristlose Kündigung ausgesprochen. Mit seiner dagegen gerichteten Klage hatte der Mann zur Überraschung des Arbeitgebers Erfolg.
In seiner Urteilsbegründung hebt das Gericht v.a. auf die Tatsache ab, dass dem Kläger, der „intellektuell eher einfach strukturiert“ sei, nicht eindeutig klargemacht worden sei, dass er bei erneutem Zuspätkommen seinen Job riskiere. Zudem habe das Unternehmen zweimal eine Abmahnung als „letztmalig“ bezeichnet.
In der Tat heißt es in einer Abmahnung vom 01.02.2007 u.a.:
„Wir machen Sie darauf aufmerksam, dass wir diese Vertragsverletzung auf das äußerste missbilligen und mahnen hiermit Ihr Verhalten letztmals ab. Wir erwarten, dass Sie künftig keinen Anlass mehr zur Beanstandung geben und Sie Ihren arbeitsvertraglichen Pflichten ordnungsgemäß nachkommen. Sollte es zu erneuten Beanstandungen kommen, müssen Sie mit weitergehenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen, auch mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses, rechnen.“
In einer weiteren Abmahnung vom 11.06.2008 steht demgegenüber:
„Allein aufgrund der in der Anhörung vorgebrachten Gründe, die zu den Verspätungen geführt haben, wird auf die Einleitung des Kündigungsverfahrens diesmal noch verzichtet. Wir machen Sie aber darauf aufmerksam, dass wir nicht bereit sind, weitere Vertragsverletzung hinzunehmen und mahnen hiermit Ihr Verhalten letztmals ab. Wir erwarten, dass Sie künftig keinen Anlass mehr zur Beanstandung geben und Sie Ihren arbeitsvertraglichen Pflichten ordnungsgemäß nachkommen. Sollte es zu erneuten Beanstandungen kommen, müssen Sie mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechnen.“
Es liege, so das LAG in seiner Begründung weiter, „zwar in der zukunftsbezogenen Natur von Drohungen, dass sie nicht stets wahrgemacht werden“. Auch dürfe allein deshalb nicht auf fehlende Ernsthaftigkeit des Arbeitgebers geschlossen werden. Allerdings sei „die letzte Abmahnung vom 11.06.2008 nicht derart deutlich abfasst, dass für den Kläger klar erkennbar war, dass ihm im Wiederholungsfall nicht eine weitere letztmalige Abmahnung, sondern die fristlose Kündigung drohte“. Dem Mann zumindest „dürften die subtilen Unterschiede in der Formulierung der beiden Abmahnungen, die die Berufung herausgearbeitet hat, nicht aufgefallen sein“. Für ihn sei eben nicht klar erkennbar, dass die zweite „letztmalige“ Abmahnung nun wirklich die „allerletzte“ Abmahnung sein solle.
Eine Abmahnung aber könne nur dann ihre Warn-Funktion erfüllen, „wenn der Arbeitnehmer diese Drohung ernst nehmen muss“. Dies könne nicht mehr der Fall sein, „wenn jahrelang die Kündigung stets nur angedroht wird“. Arbeitgeber müssten eine letzte Abmahnung vor Ausspruch einer Kündigung daher „besonders eindringlich gestalten, um dem Arbeitnehmer klar zu machen, dass weitere derartige Pflichtverletzungen nunmehr zum Ausspruch einer Kündigung führen werden“.
Im Streitfall habe das Unternehmen mit seinem Verhalten die in der Abmahnung liegende Warnfunktion also faktisch selbst entwertet. Da die Kündigung angesichts dessen unverhältnismäßig war, muss das Unternehmen den Mann also bis auf Weiteres weiterbeschäftigen. Die vorliegende Kündigung erfülle jedoch, so das Gericht abschließend, den Charakter einer letztmaligen Abmahnung: Dem Kläger müsse nun unmissverständlich und „besonders eindringlich“ klar geworden sein, „dass er im Fall weiterer Vertragsverletzungen seinen Arbeitsplatz aufs Spiel setzt“.
Urteil des Landesarbeitsgerichtes Rheinland-Pfalz vom 23.04.2009 (Az.: 10 Sa 52/09).
(Vorinstanz: ArbG Mainz, 04.12.2008 – 3 Ca 1574/08)
Den Volltext der LAG-Entscheidung finden Sie unter https://www.personalpraxis24.de/wissenspool/?nv_xid=3789168.