900 Überstunden wollte ein Mann nach seiner Kündigung von seinem ehemaligen Arbeitgeber nachvergütet haben. Er scheiterte mit seiner Klage vor dem Arbeitsgericht (ArbG) München, weil er nicht nachweisen konnte, wann er wie lange dafür gearbeitet hat.

Der Kläger war als Techniker im Außendienst beschäftigt und hatte selbst gekündigt. In der Folge forderte er von seinem ehemaligen Arbeitgeber rund 30.000 Euro. Die Summe setzte sich hauptsächlich aus der Vergütung von angeblich 900 Überstunden zusammen. Das Unternehmen verweigerte die Zahlung. Zur Begründung hieß es, dass er nicht habe belegen können, wie sich die Überstunden zusammensetzen und ob sie überhaupt geleistet wurden.

Die Richter wiesen die Klage des ehemaligen Mitarbeiters zurück: Zum einen hätte er tatsächlich nachweisen müssen, dass er die entsprechende Zeit für seine Arbeit gebraucht hat. Zum anderen hätte der Arbeitgeber den Überstunden vorab zustimmen oder sie anordnen müssen. Der Arbeitnehmer könne seinen Vergütungsanspruch nicht durch überobligatorische Mehrarbeit selbst bestimmen, hieß es vor Gericht.

„Nicht selten scheitern Zahlungsklagen bereits auf der ersten Stufe, weil die Beschäftigten nicht konkret darlegen können, wann sie wie lange gearbeitet haben“, erklärt Maximilian Wittig, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner der Kanzlei Wittig Ünalp. Ein Vergütungsanspruch für Überstunden bestehe nur dann, wenn der Arbeitgeber diese veranlasst, gebilligt oder zumindest geduldet und der Arbeitnehmer sie auch tatsächlich geleistet hat.

Allerdings könnte sich die rechtliche Situation künftig ändern, so Wittig weiter. Grund ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Arbeitszeiterfassung: Es soll Arbeitgeber zu einer objektiven, verlässlichen und zugänglichen Arbeitszeiterfassung verpflichten. Folglich müssten die Unternehmen dann den Gegenbeweis führen: „Damit könnte es für sie zukünftig wesentlich schwieriger werden, sich gegen Klagen auf Auszahlung geleisteter Überstunden zu wehren.“ Er empfiehlt Arbeitgebern, sich durch eine bestmögliche Vertragsgestaltung vor ausufernden Zahlungsansprüchen zu schützen. So können Überstunden beispielsweise bis zu einem gewissen Umfang durch das Grundgehalt abgegolten werden.

Urteil des ArbG München vom 09.03.2021 (Az.: 41 Ca 1270/20)

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