Arbeitgeber können die firmenintern traditionelle Zahlung von Weihnachtsgeld für die Zukunft nicht allein dadurch aufheben, dass sie ihren Beschäftigten schriftlich mitteilen, die Gratifikation sei stets freiwillig erfolgt und falle ab dem kommenden Jahr weg. Das hat das LAG Rheinland-Pfalz in einem aktuellen Urteil entschieden (5 Sa 604/10). Etwas Anderes ergibt sich nur, wenn der Anspruch des jeweiligen Arbeitsnehmers aus einer vertraglichen Abrede stammt.
Konkret ging es in dem Verfahren um einen Arbeitnehmer, der ohne schriftlichen Arbeitsvertrag seit dem 01.04.1963 bei der Beklagten in einem Beschäftigungsverhältnis stand. Seit Beginn seiner Beschäftigung zahlte der Arbeitgeber jährlich mit der Novemberabrechnung ein Weihnachtsgeld an ihn aus, welches in 2009 mit Begründung des Freiwilligkeitsvorbehaltes eingestellt wurde.
Seit 2005 lag der Gehaltsabrechnung ein Schreiben bei, in dem vom Arbeitgeber auf die Freiwilligkeit der Gratifikationszahlung sowie die Möglichkeit einer anteiligen Kürzung hingewiesen wurde. Der Arbeitnehmer unterschrieb das erste Schreiben und erhielt in den darauf folgenden Jahren weiterhin sein Weihnachtsgeld, welches jedoch in der Höhe immer etwas variierte. Über einen Hinweis am schwarzen Brett informierte der Arbeitgeber in 2009 seine Mitarbeiter, dass aufgrund der wirtschaftlichen Situation in diesem Jahr kein Weihnachtsgeld gezahlt werde.
Der Arbeitnehmer hingegen wandte sich an das Gericht, da er „weder einer abändernden betrieblichen Übung zugestimmt, noch durch seine Unterschrift … sein Einverständnis mit einer Vertragsänderung zu seinem Nachteil erklärt habe“. Das ArbG Trier sowie das LAG Rheinland-Pfalz beurteilten die Weihnachtsgeldzahlung als betriebliche Übung und ließen die vom Arbeitgeber formulierten Freiwilligkeitsvorbehalte nicht gelten, da diese „mit dem Klauselverbot für fingierte Erklärungen in § 308 Nr. 5 BGB nicht zu vereinbaren seien“. Die Berufung des Arbeitgebers gegen das Urteil aus erster Instanz wurde somit zurückgewiesen und er zu einer Zahlung des ausstehenden Weihnachtsgeldes verurteilt.
Revision für die Beklagte wurde nicht zugelassen.
Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 07.04.2011 (Az.: 5 Sa 604/10)
Vorinstanz: Urteil des ArbG Trier vom 06.10.2010 (Az.: 4 Ca 53/10)
Praxistipp:
Aus einer betrieblichen Übung, häufig auch als Gewohnheitsrecht bezeichnet, kommt ein Arbeitgeber nur schwer wieder heraus. Für die Abänderung von Ansprüchen aus einer betrieblichen Übung bieten sich meist nur einvernehmliche Lösungen wie Änderungs- oder Aufhebungsverträge an. Als einseitige Abänderung kommen entweder ein Widerruf oder eine Änderungskündigung in Betracht, wobei im Kollektivrecht eine ablösende Betriebsvereinbarung vorstellbar wäre. Das bedeutet für den Arbeitgeber, von Beginn an einen Freiwilligkeitsvorbehalt deutlich zu erklären, um das Entstehen einer betrieblichen Übung zu vermeiden.
Rechtssichere Formulierungen eines Freiwilligkeitsvorbehalts und umfangreiche Informationen zum Thema finden Sie in unserem Arbeitsrechtlexikon unter „Betriebliche Übung – Freiwilligkeitsvorbehalt“.