Etwas weniger Unternehmen als im Herbst litten zu Jahresbeginn unter einem Fachkräftemangel. Wie eine repräsentative Umfrage des ifo-Instituts zeigt, gaben im Januar 2023 44 Prozent der Arbeitgeber über alle Branchen hinweg an, dass sie vom Fachkräftemangel beeinträchtigt sind. Im Vergleich zum Oktober vergangenen Jahres (46 Prozent) und dem Allzeithoch im Juli 2022 (50 Prozent) hat sich demnach die Lage für Unternehmen leicht entspannt.
Allerdings ist die Situation stark abhängig von der Branche. Während zum Beispiel 75 Prozent der Arbeitgeber in der Rechts- und Steuerberatung über den Fachkräftemangel klagen, sind es in der Chemischen Industrie nur 16 Prozent. Geben in der Lagerei, dem Verkehrsbereich sowie in der Architektur und im Ingenieurwesen etwas mehr als die Hälfte der Arbeitgeber an, Schwierigkeiten bei der Mitarbeitergewinnung zu haben, sind es in der Metallerzeugung und -beratung nur rund ein Viertel.
Gibt es einen allgemeinen Fachkräftemangel?
Die Zahlen kann man als Bestätigung von Stimmen aus der Wissenschaft lesen, die aktuell hierzulande keinen Fachkräftemangel – oder zumindest keinen umfassenden – sehen. So sagte Simon Jäger, Leiter des Instituts zur Zukunft der Arbeit, kürzlich in mehreren Interviews, dass es keinen allgemeinen Fachkräftemangel gibt, stattdessen nur der Wettbewerb unter den Arbeitgebern zugenommen hat.
Gegen einen Fachkräftemangel spreche, dass wir in der Bundesrepublik derzeit mit rund 46 Millionen Menschen in Arbeit eine Rekordbeschäftigung verzeichnen. Zudem seien die realen Löhne mit 4,1 Prozent stark gefallen. „Das passt nicht zur These, dass der Faktor Arbeit gerade extrem knapp geworden ist“, sagt Jäger der Deutschen Welle. Allerdings seien Talente wählerischer geworden. „Bewerberinnen und Bewerber reagieren viel stärker auf Unterschiede in der Lohnhöhe und bei den Arbeitsbedingungen.“ Im Umkehrschluss heiße das: Wer als Arbeitgeber seine Löhne erhöht und attraktivere Arbeitsbedingungen schaffe, findet weiterhin Arbeitskräfte.
Auch die Bundesregierung hatte kürzlich in einer Antwort auf eine kleine Anfrage der Linken-Fraktion geschrieben, dass es aktuell keinen umfassenden Fachkräftemangel gibt. Der Grund: Rein rechnerisch gibt es nach wie vor mehr Arbeitslose als offene Stellen. Allerdings machte sie auch klar: In vielen Branchen fehlen Fach- und zunehmend auch Arbeitskräfte und der demografische Wandel hat sich noch nicht komplett vollzogen, womit seine Konsequenzen auch noch nicht im vollen Umfang zu spüren sind.
Quelle: Personalwirtschaft.de